Synopsen

RegE 12.4.2017 – Synopse Heimaufsicht

Arbeitsfassung 23.8.2016 – Synopse Heimaufsicht

Arbeitsfassung 7.6.2016 – Synopse Heimaufsicht

 

Stellungnahmen

 

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4 GEDANKEN ZU »HEIMAUFSICHT«

 

DAVID POST – 18. Januar 2017

Steigerung der Effektivität des Schutzes in Einrichtungen ohne Qualitätsentwicklung der Heimaufsicht? Wie soll das gehen? Wer mehr Aufsichtsrechte möchte, soll doch bitte auch Qualitätsentwicklung betreiben!

Der Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes von Ende 2015 hat zwischen den Zeilen auf eine entscheidende Lücke hingewiesen (Bundesregierung 2015). Das geschah jedoch ohne jeglichen Kommentar und ohne einen Hinweis auf dieses Leerzeichen. Gemeint ist die Qualitätsentwicklung der Heimaufsicht: Der Bericht gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, ob die Aufsicht führenden Behörden überhaupt Qualitätsentwicklung nach § 79a SGB VIII betreiben.

In den Analysen der Forschungsinstitute ist auch an keiner Stelle die Rede davon, dass das überhaupt evaluiert werden sollte. Wie kann das sein? Als überörtlicher Träger der Jugendhilfe ist die Heimaufsicht dazu schließlich genau so verpflichtet wie die örtlichen Jugendämter. Der Forschungsverbund zur Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes verweist in seinem Bericht „Wissenschaftliche Grundlagen für die Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes“ unter der Überschrift „Empfehlungen und Aktivitäten der Landesjugendämter“ lediglich auf die Fokusgruppe der Landesjugendämter, welche Einschätzungen über die Umsetzung der örtlichen Jugendämter vorgenommen hat (Forschungsverbund 2015, 90). Dabei bezieht sich der Forschungsverbund in den Quellenangaben auf einen unveröffentlichten Werkstattbericht des DJI: [DJI] Deutsches Jugendinstitut (2015d): Ergebnisse aus der Erhebung der Landesjugendämter. Bericht zu den „Wirkungen des Bundeskinderschutzgesetzes – Wissenschaftliche Grundlagen“. Unveröffentlichter Werkstattbericht des Projektes vom 15.04.2015.

Der Bericht ist bis heute nicht veröffentlicht worden. Er ist also geheim. Aus dem Bericht der Bundesregierung geht ebenfalls hervor, dass die Landesjugendämter nicht über die eigene Praxis, d.h. die Heimaufsicht, sondern lediglich zu deren Einschätzung über örtliche Jugendämter befragt wurden.

Bezüglich der Praxis der Heimaufsicht verweist der Bericht nur auf die Bemühungen der JFMK/AGJK einen neuen Vorschlag zur rechtlichen Ausgestaltung der Aufsicht nach den §§ 45 ff. SGB VIII zu erarbeiten. Das ist auch geschehen. Nunmehr steht das BMFSFJ kurz davor diese Ideen in Gesetze zu gießen. Der Wortlauf auf allen politischen und fachlichen Plattformen lautet: „Diese Änderungen sind unstrittig!“

Das ist wenig verwunderlich, wenn man sich nur mit denjenigen unterhält, die diese Reform angestoßen haben oder die ein politisches Interesses an solchen Veränderungen haben. Und tatsächlich ist das Thema auch auf der Stammtischebene schnell abgehakt: Jeder Praktiker kennt eine Einrichtung, die ihm nicht gefällt und hat mitbekommen, dass es angeblich schwer wäre diese zu schließen. Aus solchen subjektiven Eindrücken folgt dann über die gesamte Breite der Fach- und Politikwelt hinweg meist eine völlig unkritische und unreflektierte Zustimmung zu schärferen Aufsichts- und Eingriffsrechten.

Aus meiner Sicht klingt die Botschaft dabei folgendermaßen: „Es gibt zwar keine nachweisliche(n) Qualitätsentwicklung, Fachstandards und wissenschaftliche Erkenntnisse über das Prüf- und Aufsichtsverhalten der Heimaufsicht, aber mehr Macht sollen die Verantwortlichen auf jeden Fall bekommen, weil sie dann ihre Aufgaben besser erledigen können.“

Und welche Rechtsfolgenanalysen sind geplant, um die vermutete Effektsteigerung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen systematisch nachvollziehen und belegen zu können? Dazu gibt es keine Aussagen – vermutlich also keine.

Das beutet dann, dass auch in Zukunft nicht gesagt werden kann, worin ein guter Schutz überhaupt besteht und welche fachlichen, personellen und rechtlichen Bedingungen dafür bei der Heimaufsicht selbst tatsächlich nötig und daher angemessen und verhältnismäßig wären. Man kann dann genau so wenig wie heute sagen, was eine gute oder was eine schlechte Aufsicht ausmacht. Das an sich ist aus meiner Sicht das grundlegendste Problem des Schutzauftrags nach den §§ 45 ff. SGB VIII. Man hätte erwarten können, dass nach den Diskussionen des Runden Tisches eine Offerte gestartet wird, bei der sich auch die Heimaufsicht die Geschehnisse zu Herzen nimmt und eigene Anteile kritisch hinterfragt. Vielleicht hat sie das auch getan; aber offensichtlich nicht so, dass sie die Qualität der eigenen Arbeit nachvollziehbar weiterentwickelt.

Auch die an der Evaluation beteiligten Forschungsinstitute haben die Gelegenheit leider verstreichen lassen, die Qualitätsentwicklung der Heimaufsicht zu hinterfragen oder wenigstens zu dokumentieren. Hierzu könnte es eventuell aufschlussreich sein, den genauen Forschungsauftrag nochmals im Detail zu betrachten.

Kurzum: Es reichen zwei, drei Skandale der letzen Jahre, um die Rechte der Aufsicht deutlich auszuweiten und einen Paradigmenwechsel der Eingriffsschwelle herbeizuführen. Aber eine fünfzigjährige Aufsichtspraxis der Heimaufsicht ohne wirkliche fachliche Standards (vgl. Mühlmann 2014) reicht nicht aus, um die Erweiterung der Rechte endlich einmal ausdrücklich auch an fachliche Verpflichtungen der Aufsichtspraxis zu knüpfen.

Mehr Rechte, mehr Verantwortung und weniger Pflichten; das haben sich die Behörden gewünscht und das scheinen sie auch zu bekommen. Wenn wir anfangen würden, dieses Prinzip den Kindern in der Heimerziehung zu vermitteln, würde vermutlich jede Aufsichtsbehörde sofort auf der Matte stehen, um derartige `laissez faire-Verhältnisse´ wenn nötig mit Hilfe von Auflagen abzustellen. Beziehungsweise, wenn die Gesetze in der geplanten Weise kommen, können sie sich die Mühe über die tatsächlichen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen zu sprechen auch direkt sparen und die Einrichtung wegen einer mangelhaften Buchführung mit der Begründung schließen, dass der Träger buchhalterisch einfach nicht zuverlässig ist;

`Dass das ja immer eine potentielle Gefährdung darstellt, wissen wir Pädagoginnen und Pädagogen schließlich bereits aus dem Grundstudium, in welchem wir Seminare über Technische Buchführung, Rechnungswesen, Betriebswirtschaft und Steuerrecht belegen mussten, weil diese Dinge für die pädagogische Beziehung von so hervorgehobener Bedeutung sind.´

Richtig ist sicherlich, dass jede Erziehung auch mit den Logiken anderer gesellschaftlicher Anforderungen und Ziele konfrontiert wird und sich damit auseinandersetzen muss. Falls die Träger der Einrichtungen den dort lebenden Kindern tatsächlich pauschal unmittelbar dadurch schaden, dass sie ein schlechtes Wirtschaftsjahr hatten oder ein Jahr mit schlechter Buchführung, dann bleibt nur noch zu fragen, was das dann analog für die vielen örtlichen Jugendämter bedeutet, deren kommunalen Träger chronisch rote Zahlen schreiben bzw. die sich bereits seit Jahren in der Haushaltssperre befinden.

 

SYBILLE NONNINGER – 1. September 2016

§ 45 Abs. 7
Der zweistufige Eingriffstatbestand macht grundsätzlich Sinn. Er führt aber ungewollt dazu, dass der Gefährdungstatbestand mit dem Eingriffstatbestand des § 1666 BGB gleichgesetzt und damit sehr eng verstanden wird. Dies muss zur Folge haben, dass die BE dann unmittelbar entzogen wird. Raum zur Abwägung, ob der Träger bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden, kann dann nicht mehr bestehen, da das hohe Gut der Unversehrtheit des Kindes dagegensteht.

Wenn, wie zu erwarten, der Gefährdungstatbestand analog zu dem Hamburger Urteil interpretiert wird, muss der Tatbestand der Nicht-Gewährleistung des Kindeswohls konsequenterweise eine Soll Vorschrift zur Folge haben. Es muss dann heißen: “Sie soll zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des …nicht mehr vorliegen.“

 

REINHARD ROTTMANN – 30. August 2016

Ich seh das so:
mit „zuständige Behörde“ ist ja in diesem Fall die Behörde gemeint, die die Betriebserlaubnis erteilt. Die erfährt, so der neuen Abs. 1 (der der bisherige Text ist) eingehalten wird, von der Einrichtung nach dem neuen § 47 Abs. 1 Nr. 2 Ereignisse und Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder oder Jugendlichen zu beeinträchtigen. Inhalt dieser Mitteilung ist dann auch, welches Jugendamt für dieses Kind zuständig ist. Oder?

 

REINHARD WILMS– 30. August 2016

Zu § 47 Abs. 2:
Gegenseitige Information der zuständigen Behörde und des belegenden Jugendamts über wichtige Ereignisse oder Entwicklungen; hier: Verpflichtung der zuständigen Behörde, das belegende Jugendamt zu informieren.

Frage:
Auf welchem Wege und aufgrund welcher Rechtsgrundlage erfährt die zuständige Behörde, welcher örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe (neben dem Standortjugendamt) die betr. Einrichtung belegt?

 

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